Beitrag

Börse für Mittelständler

SWZ Nr. 46/13 vom 29.11.2013:

m:access der Börse München – Weitere Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen ab einigen Millionen Euro Umsatz

Das benötigte Kapital kommt in mittelständischen Unternehmen meist aus Eigenmitteln oder von Banken. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, etwa Unternehmensanleihen oder die Börse. Die Börse für KMU? Auch das geht, wie ein Blick nach München zeigt.

München/Bozen - Die Beschaffung von liquiden Mitteln insbesondere zur Finanzierung von Investitionen oder Wachstumsprojekten ist in den letzten Jahren zunehmend schwieriger geworden. Unternehmen suchen immer öfter nach Alternativen oder Ergänzungen zu Bankkrediten, aber selten wird dabei an die Börse gedacht. Dabei dienen Börsen nicht nur dem Handel mit Wertpapieren, sondern vor allem der Kapitalbeschaffung. Damit sich auch kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) über die Börse finanzieren können, hat zum Beispiel die Börse München bereits 2005 das Börsensegment m:access eingeführt. Unter Mittelstand versteht die Börse München Unternehmen mit Umsätzen vom einstelligen bis dreistelligen Millionenbereich - und in dieser Bandbreite sind Unternehmen inzwischen in m:access vertreten - mit einem Schwerpunkt ab zehn Millionen. Das Urteil vieler Unternehmer, ihre Firma sei zu klein, um an die Börse zu gehen, entspricht nicht der Realität. Inzwischen sind mehr als 50 Unternehmen aus ganz Deutschland und ein österreichisches Unternehmen in diesem Segment gelistet, die gesamte Marktkapitalisierung der m:access-Unternehmen liegt bei etwa zwei Milliarden Euro. Viele Unternehmen haben nicht nur durch ihren Börsengang, sondern auch durch mehrere Kapitalerhöhungen ihren finanziellen Spielraum erhöht.

Allerdings hat es sich gezeigt, dass der Mittelstand noch recht skeptisch gegenüber Börsen ist. Dafür gibt es in manchen Fällen einsichtige und triftige Gründe, aber vielfach spielen emotionale Faktoren eine besondere Rolle. Die aktuelle Kampagne der Börse München ,,Sind Sie Hamster oder sind Sie ein Adler" spricht deshalb auch diese emotionale Seite an. Sich als Unternehmer im Hamsterrad der täglichen Herausforderungen einmal davon zu lösen und eine Adlerperspektive einzunehmen, um Dinge anders und neu zu sehen und dabei über einen möglichen Börsengang nachzudenken, das ist das Ziel. Eine Börsennotierung mag heute noch weit am Horizont erscheinen. Aber wie sagte schon der griechische Staatsmann Perikles vor fast 2500 Jahren? ,,Es ist nicht unsere Aufgabe, die Zukunft vorauszusagen, sondern auf sie gut vorbereitet zu sein."

Um dem Informationsbedarf der Anleger zu genügen, müssen Unternehmen, die sich auf diese Weise Kapital besorgen wollen, entsprechend aufgestellt sein. Deshalb hilft m:access mit einem im Vergleich schmalen Regelwerk, das den Unternehmen zum Beispiel weiterhin die Bilanzierung nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) gestattet. Einmal im Jahr können sie sich in den von der Börse München durchgeführten Analystenkonferenzen präsentieren.

An den Börsen gibt es noch eine weitere Möglichkeit. Seit einigen Jahren existieren an verschiedenen Börsen in Deutschland spezielle Segmente für Mittelstandsanleihen. Diese Anleiheform ist auf fruchtbaren Boden gefallen. Neben klassischen Privatanlegern sind es gerade auch kleinere bis mittlere institutionelle Investoren wie Stiftungen oder typische Family Offices, die offen für diese Form der Kapitalanlage sind. Inzwischen hat sich der Markt für Mittelstandsanleihen erfolgreich etabliert, auch wenn einige Anlaufschwierigkeiten zu verzeichnen sind. Das Emissionsvolumen beträgt in der Regel zehn bis 100 Millionen Euro, und der Zinssatz liegt im Schnitt bei etwa 7 Prozent. Vier Milliarden Euro in über 100 Anleihen von etwa 80 Unternehmen ist die bisherige Bilanz dieser Finanzierungsform.

Auch m:access ist für Anleihen offen. Wie im Aktienbereich sind die Zugangsvoraussetzungen speziell auf KMU abgestimmt, bieten jedoch trotzdem ausreichend Informationen für potenzielle Anleger. So wird ein von der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gebilligter Prospekt verlangt, außerdem die Veröffentlichung der Anleihebedingungen und eines aktuellen Unternehmensratings. Das Mindestvolumen liegt bei zehn Millionen Euro, die Mindeststückelung bei maximal 1.000 Euro. Ein Unternehmen, das eine solche Mittelstandsanleihe ausgeben möchte, muss nicht - oder noch nicht - als Aktiengesellschaft an der Börse notiert sein. Deshalb fordert die Börse München verpflichtend einen Emissionsexperten über die gesamte Laufzeit der Anleihe, der das Unternehmen in allen Kapitalmarktbelangen betreut.

Für zukunftsfähige Unternehmen steht der Kapitalmarkt offen. In der anhaltenden Niedrigzinsphase suchen Investoren nämlich eine einträgliche Rendite mit einem kalkulierbaren Risiko. Der traditionell starke Mittelstand gerade in Süddeutschland, Österreich und Norditalien hat hier eine Chance, Investoren in diesen Regionen anzusprechen. In Sachen Mittelstandfinanzierungen hat sich zuletzt auch in Italien einiges bewegt, und auch in Südtirol steht ein Projekt für Veranlagungen in Anleihen einheimischer Unternehmen in den Startlöchern. Alternative Wege in der Beschaffung von Kapital sind beschränkt und nicht einfach zu beschreiten, aber es gibt sie.